"Afrika – ein schlafender Riese?"
Studientag in Bonn und Köln, 22.-23.11.2018
Unser Studientag brachte uns dieses Mal in die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn und nach Köln. In Bonn trafen wir uns zuerst mit Dr. Pedro Morazán von Südwind. Südwind setzt sich für wirtschaftliche, soziale und ökologische Gerechtigkeit weltweit ein. Herr Morazán gab uns einen kurzen Einblick in die Arbeit von Südwind und einen Impuls zur Bedeutung von Heimatüberweisungen. Heimatüberweisungen sind Geldtransfers, die von Menschen mit Migrationsgeschichte an ihre Familien in ihren Heimatländern geleistet werden. Diese Heimatüberweisungen machen zum Teil einen sehr großen Teil des Bruttoinlandsproduktes der Empfängerländer aus. Südwind setzt sich dafür ein, dass die Kosten von Heimatüberweisungen, die z.T. über 10% des Betrages ausmachen günstiger werden. Da es sich bei Heimatüberweisungen um private Zuwendungen handelt hält Herr Morazán Entwicklungshilfe u.a. in Infrastrukturen weiterhin für notwendig, zumindest solange bis wir als Industrienationen aufhören arme Länder durch unsere Handelspolitik strukturell auszubeuten.
Nach diesem spannenden ersten Vortrag der uns eine gute Grundlage für weitere Diskussionen während des ganzen Studientages bot ging es weiter zur Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), wo uns Frau Schon das Programm „Grüne Innovationszentren der Agrar- und Ernährungswirtschaft“ im Rahmen der Initiative „Eine Welt ohne Hunger“ vorstellte. In diesem Programm geht es darum den Hunger in den ländlichen Zielregionen zu reduzieren, in dem die Einkommen kleinbäuerlicher Betriebe, die Beschäftigung und die regionale Versorgung mit Nahrungsmitteln durch Innovationen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft gesteigert werden. Auch wenn einige Punkte, wie die Kooperation mit Partnern wie Bayer auch kritisch gesehen werden kann, erzielt das Programm sehr gute Erfolge vor allem auch durch die Schulung von Bauern vor Ort.
Im Anschluss ging es weiter zur UN. Hier haben wir nicht nur den Ausblick vom Langen Eugen auf Bonn genossen, sondern auch erfahren, wie die UN aufgebaut ist und einen ganz kleinen Einblick in ihre Arbeit bekommen. Ein wichtiges Organ der UN stellt der UN-Sicherheitsrat dar, der die Möglichkeit hat Blau-Helmmissionen zur Sicherung und Wiederherstellung des Friedens zu entsenden. Interessant war u.a., dass die Soldaten dieser Missionen überwiegend aus ärmeren Ländern kommen, während sich die Industrienationen stärker mit finanziellen Mitteln beteiligen.
Neben dem Klimaabkommen sind auch die 17 Sustainable Development Goals (SDGs) gleichzeitig ein wichtiges Ergebnis wie auch eine wichtige Grundlage der Arbeit der UN. Die SDGs wurden von allen UN-Mitgliedsstaaten angenommen und zeigen den gemeinsamen Handlungsbedarf aller Nationen um Armut zu beenden, Ungleichheit zu verringern und Gesundheit und Bildung zu verbessern sowie gleichzeitig Probleme, wie den Klimawandel zu lösen und unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten.
Nach diesen theoretischen Einblicken in die Möglichkeiten von Politik und Entwicklungszusammenarbeit haben wir beim Abendessen in einem eritreisch-äthiopischen Restaurant einen kleinen Einblick in die Kultur zweier Afrikanischer Länder erhalten. Die spezielle Fingertechnik, mit der das traditionelle Sauerteig-Fladenbrot Injera Teller und Besteck ersetzt, stellte uns zugegebener Maßen vor einige Herausforderungen und zeigte uns wie selbstverständlich Teller und Besteck für uns sind. Das traditionelle Essen mit verschiedenen Saucen, welche Wot genannt werden und dem Injera schmeckte dann aber auch ohne Besteck sehr gut.
Als Abschluss des Tage bot sich noch die Möglichkeit aus der ‚afrikanischen‘ Kultur wiederaufzutauchen und den Tag bei einem Kölsch im Brauhaus ausklingen zu lassen.
Tag zwei begann mit einem Besuch im Integrationshaus in Köln Kalk. Das Integrationshaus ist, Treffpunkt und Veranstaltungsort für viel Menschen und Projekte. Sie versuchen in verschiedenen Projekten die Menschen zusammen zu bringen und bieten auch Sprach- und Integrationskurse an. In einem kleinen Workshop haben wir über unser ‚Weißsein‘ und unseren Blick auf Afrika reflektiert. Anstelle eines Einblicks in eine der vielen Kulturen Afrikas gab es einen angeregten Austausch über unsere Perspektiven, die Herkunft und Verwendung bestimmter Begrifflichkeiten und das für und wider von Entwicklungszusammenarbeit.
Einen gewissen Gegenpol zu diesem recht konzeptionellen Workshop bot der „Kochkurs“ bei Dako e.V.. Hier zeigte sich ganz deutlich eine andere Mentalität. François erzählte uns einiges über die Arbeit von Dako e.V., seine Kultur und seine persönliche Geschichte, während seine Kollegin Berte in der Küche für uns verschiedene afrikanische Gerichte und Salat für uns zauberte. Im Anschluss genossen wir zusammen mit den beiden ein reichhaltiges afrikanisch-europäisches Buffet mit frittierten Bananen, Reis und Bohnen, Schrimps auf Spinat, Gemüse und Salet, Krapfen, Ananas und mehr. Ganz deutlich zeigte sich bei diesem Termin die kulturell unterschiedliche Zeitwahrnehmung und irgendwie bestätigte sich das afrikanische Sprichwort: „Die Europäer haben die Uhr, wir haben die Zeit“.
Alles in allem können wir auf einen sehr interessanten und lehrreichen Studientag zurückschauen, der nicht nur Fragen beantwortete, sondern zumindest bei mir auch zahlreiche Fragen aufwarf, die ich mitnehme in die kommenden Veranstaltungen zum Jahresthema: ‚Afrika – ein schlafender Riese“.
(Stefanie Zanger)